Weitere wegweisende Entscheidungen der europäischen Gerichte gehen auf einen Antrag von CDC an die Europäische Kommission zurück, vertrauliche Teile ihrer Wasserstoffperoxid-Kartellentscheidung vom 3. Mai 2006 offenzulegen. Auf diesen Antrag hin erklärte sich die Kommission schließlich bereit, eine ausführlichere, nicht vertrauliche Fassung dieser Entscheidung erneut zu veröffentlichen.
Die von zwei Adressaten der Entscheidung, Akzo Nobel NV und Evonik Degussa GmbH, gegen die erneute Veröffentlichung erhobenen Einwände wurden vom Gericht der Europäischen Union zurückgewiesen. In seinen Urteilen vom 28. Januar 2015 bestätigte das Gericht, dass die beabsichtigte Neuveröffentlichung Informationen offenlegen würde, die geeignet sind, den Nachweis eines Schadens, den Personen erlitten haben, die sich wie CDC durch die in der Entscheidung geahndete Zuwiderhandlung für beschwert halten, sowie den Kausalzusammenhang zwischen dieser Zuwiderhandlung und dem behaupteten Schaden zu erleichtern. CDC war im Verfahren über die Klage von Akzo Nobel auf Seiten der Kommission dem Rechtsstreit beigetreten (Fall T-345/12).
Während das Urteil gegen Akzo Nobel rechtskräftig wurde, wurde gegen das parallele Urteil gegen Evonik Degussa vor dem Europäischen Gerichtshof Berufung eingelegt. Zu diesem Rechtsmittel hat der Generalanwalt am 21. Juli 2016 seine Schlussanträge gestellt (Fall C-162/15 P). Es gibt klare Richtlinien vor bezüglich des angeblichen Konflikts zwischen dem Schutz der Rechte von Kronzeugen einerseits und dem Recht der Öffentlichkeit auf Zugang zu Informationen im Allgemeinen sowie von Personen, die durch das gemeldete wettbewerbswidrige Verhalten möglicherweise geschädigt wurden, im Besonderen.
Der Europäische Gerichtshof hat in seinem Urteil vom 14. März 2017 das Urteil zu Evonik Degussa aus formalen Gründen aufgehoben (Fall C-162/15 P). Davon abgesehen bestätigt der Gerichtshof jedoch im Wesentlichen das Urteil des Gerichts. Er weist insbesondere darauf hin, dass eine Vertragsverletzungsentscheidung der Kommission es ermöglicht, Kartellopfer bei ihren Schadensersatzklagen gegen die Rechtsverletzer zu unterstützen. Außerdem präzisiert das Gericht in allgemeiner Form die Voraussetzungen für die Veröffentlichung von Informationen aus Unterlagen, die ein Kartellmitglied der Kommission zur Unterstützung einer Erklärung zur Erlangung der Kronzeugenregelung vorgelegt hat.
Dies wird erhebliche Auswirkungen auf zukünftige Fälle haben, die insbesondere den Zugang zu Informationen über Kartellverstöße erfordern.